Fotos: Zukunftsorte e.V.

da.und.dort

Lernen im internationalen Netzwerk.

Gemeinsam miteinander und voneinander lernen. Das war das Ziel des internationalen LEADER-Projekts, das die Standortmarketing-Gesellschaft Landkreis Miesbach mbH (heute: Regionalentwicklung Oberland) mit dem österreichischen Verein Zukunftsorte im Jahr 2016 auf den Weg brachte. Gemeinden müssen sich mit der Zukunft beschäftigen. Die Herausforderungen werden immer schneller und immer größer. Kommunen müssen gestalten, sich aktiv in einbringen und Dinge selbst in die Hand nehmen.

Zahlen, Daten, Fakten:
  • Projektträger:, Standortmarketing-Gesellschaft Landkreis Miesbach mbH
  • Projektvolumen:, 21.728,21 €
  • Förderung:, 12.739,30 € | 70 %
  • Durchführungszeitraum:, 2016-2019

Es gibt viele Gemeinden, in denen innovative Dinge passieren. Die Frage ist, wie sich diese Gemeinden untereinander vernetzen und voneinander lernen können. Einen Versuch wagte das Projekt „da.und.dort.“. In einem interkommunalen Bildungsnetzwerk aus elf österreichischen Kommunen und Vertreter*innen des Landkreises Miesbach, lernten die Kommunalpolitik gemeinsam mit Bürger*innen zukunftsfähige Ortschaften zu entwickeln und zu erhalten. In den teilnehmenden Gemeinden und dem Landkreis Miesbach fanden jeweils Konferenzen zu unterschiedlichen Themen statt, in denen die Gastgeber eine Vorbildfunktion einnehmen.

Werfenweng | Der mobile Mensch

Die Gemeinde Werfenweng (Salzburg) ist bereits seit 1996 Modellort für autofreien Tourismus und hat sich einem sanften Tourismus verschrieben. Von ihren Gästen reisen bereits etwa 25% mit Angeboten des ÖPNV an. Wer Werfenweng mit den öffentlichen Verkersmitteln besucht oder bei Ankunft seinen PKW-Schlüssel an der Tourismusinformation hinterlegt und somit auf das Auto verzichtet, kann mit der samo-Card je nach Saison eine Vielzahl an klimafreundlichen Mobilitätsangeboten, wie E-Autos, E-Bikes, Pferdeschlitten und viele weitere touristische Angebote nutzen.

Munderfing | Vom Standort zum Heimatort

Munderfing ist mit dem gemeindeeigenen Windpark Vorreiter in Sachen autarker Energieversorgung und schuf 2004 mit dem Aktionsplan für Beschäftigung und Bildung (LABB) eine Schnittstelle zwischen Bürgerschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Ziel des Aktionsplans ist es die Gemeinde als Wirtschafts- und Wohnort lebenswert zu gestalten. Mit Erfolg: im engen Austausch lernen Jugendliche die Betriebe vor Ort und deren Ausbildungsmöglichkeiten kennen, die Zahl der Arbeitsplätze hat sich verdreifacht. Das Ergebnis: die Auszeichnung als „familienfreundliche Gemeinde“.

Waidhofen (Ybbs) | zurück in die Stadt am Land

Ziel der Gemeinde ist die Innenstadtbelebung anstatt des Bauens auf der grünen Wiese. Im Dialog zwischen Eigentümer*innen und Nutzer*innen werden Leerstände beseitigt. Ein Innenstadtkoordinator begleitet den Prozess als Kümmerer, ein Gestaltungsbeirat überwacht die Qualität des Gebauten.

Landkreis Miesbach | Invest in bio+regio

Der Landkreis Miesbach ist geprägt von einer kleinteiligen Landwirtschaft mit verhältnismäßig hohem Anteil biologisch wirtschaftender Betriebe. Gemeinsam mit der Ökomodellregion Miesbacher Oberland wurden zukunftsfähige Modelle für eine regionale und nachhaltige Lebensmittelerzeugung diskuiert. Genussscheine, solidarische Landwirtschaft und Direktvermarktung waren genauso Thema, wie die Finanzierung über Genossenschaften oder Crowdfunding.

Thalgau | Wer teilt hat mehr

Die im Jahr 2013 eröffnete Schule der Gemeinde Thalgau ist ein besonderes Beispiel, wie Raumnutzen durch geteilte Flächen gesteigert werden kann. Im Schulgebäude mit 13 Klassenzimmern befinden sich auch eine Mehrzweck Turnhalle, die Bibliothek, ein Kletterturm sowie Vereinsräumlichkeiten für Trachten- und Schützenverein inklusive einer modernen Schießanlage.

 

Für ihre Begegnungszone im Ortszentrum gewann die Gemeinde sogar den Österreichischen Verkehssicherheitspreis 2011. Statt einer flächen- und kostenintensiven Umfahrung entwickelte die Gemeinde inmitten des Ortes einen Shared- Space, in dem sich der Autoverkehr der Landesstraße gleichberechtigt mit Fußgängern und Radfahrern eine Verkehrsfläche teilt. Es gilt Tempo 30, Gehsteige und Zebrastreifen wurden entfernt.

Hinterstoder | Co-Kultur alpin

Seit 1993 entwickelt die Gemeinde Hinterstoder für jede neue Dekade ein Dorfentwicklungskonzept mit einer breiten Bürgerbeteiligung und in Kooperationen mit regionalen Unternehmen. Wichtige Themen sind die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus und ein ausgeprägtes Bewusstsein für Baukultur. 2009 wurde Hinterstoder dafür mit dem Baukulturgemeindepreis ausgezeichnet.

Nenzing | Gemeinwohl als Handlungsmaxime

Die Gemeinde Nenzing erprobte als erste Gemeinde weltweit einen neuen Zugang die eigene Arbeit zu bewerten: die Gemeinwohlökonomie nach Christian Felber. Im Fokus stehen nicht mehr wirtschaftliche Kennzahlen sondern eine gesündere Gesellschaft, eine intakte Umwelt und gelebte Gemeinschaft. Ein gutes Beispiel für diesen Anspruch ist das Sprachenprojekt der Gemeinde. 40 Sprachen werden in Nenzing gesprochen. Diese Vielfalt greift die Gemeinde auf und fördert die Mehrsprachigkeit der Kinder. Nicht deutschsprachige Eltern werden von Pädagoginnen dabei unterstützt, wie sie ihren Kindern bei Hausaufaben und Lernen helfen können. Sprachliche Barrieren sollen in Nenzing keinen Einfluss auf den Bildungserfolg haben. Ausgezeichnet wurde das Projekt 2010 mit dem Europäischen Sprachen-Innovationssiegel (ESIS).

Kals am Großglockner | Kultur verbindet

Die Bedeutung von kulturellem Leben für eine Gemeinde wird in der Gemeinde Kals besonders deutlich. Mit der Fertigstellung des neuen Kultuzentrums endete für die Gemeinde 2013 der 20 Jahre zuvor unter aktiver Bürger*innenbeteiligung gestartete Weg zur Dorferneuerung. Neben dem Kulturzentrum umfasste der Prozess das Glocknerhaus, ein neues Gemeindezentrum mit Gemeindesaal und die Restaurierung des spätgothischen Pfarrhofs. Der baukulturelle Entwicklungsprozess der Gemeinde wurde vielfach durch Preise ausgezeichnet und umfasst auch die zukunftsgerichtete Planung von Verkehslenkung und Parkangeboten.

Neckenmarkt & Raiding | Kultur verbindet 2

Die Bedeutung von Kultur ist auch der Gemeinde Raiding durch ihren berühmtesten Sohn Franz Liszt bewusst. Das Liszt-Festival lockt jedes Jahr tausende Besucher aufs Land. Die Gemeinde profitierte in der Vergangenheit allerdings wenig von dem Festival. Der Grund unter anderem: fehlende Gästehäuser. Markus Landauer, Bürgermeister der Gemeinde und der österreichische Journalist Roland Hagenberg kommen bei einem Achtel Wein auf eine Idee, die das Bild des Ortes nachhaltig verändern soll. Insgesamt neun Gasthäuser japanischer Stararchitekten die Hochkultur und Architekturtouristen aus aller Welt in das 800 Einwohnerdorf bringen, sollen entstehen. 2012 wurde mit dem Storchenhaus das Erste eingeweiht. Das darauf folgende 5x5m „kleine“ Hara-Haus mit eigenem Minikonzertsaal wurde vom Architekten Hiroshi Hara entworfen, der u.a. auch für den Bahnhof in Kyoto und das Sapporo-Stadium verantwortlich ist.

Moosburg | Starke Mitte

In vielen Gemeinden spielt sich heute das Leben in den Randbereichen ab, während die Ortsmitte nach und nach ausstirbt. Zukunftsfähige Konzepte für die Ortsmittenbelebung sind vielfältig. In Moosburg versucht man es unter dem Kerngedanken "Glück". Über den Glücksparcours erleben Besucher*innen auf dem "Weg der Fülle" Glücksmomente im Ortskern, auf dem "Weg der Stille" die malerischen Teiche rund um das Schloss Moosburg. Gleichzeitig verbinden die Wege die Ortszentren. In der Glüxakademie soll das entstehende Glücks-Wissen gesammelt werden, das in Zukunft in einem "Haus im Glück" enden soll. Aber auch Wohnmodelle für junge Menschen oder ein Coworking-Space und der Fokus auf Bildung helfen Moosburg ein lebendiger Ort zu bleiben.

Bad Blumau | Junge Ärzt*innen für das Land

Eine gute medizinische Versorgung auf dem Land stellt vielerorts Kommunen vor große Herausforderungen. In manchen Regionen stellen Gemeinden ihren Ärzt*innen bereits Praxisräume oder sogar Wohneigentum zur Verfügung, in der Hoffnung Nachwuchsärzt*innen auf das Land zu locken. Andere Regionen setzen auf regionale Gesundheitszentren, die anstatt eines Allgemeinmediziners als „Landarzt“ viele Spezialisten vorweisen können. So hofft man vor dem Anblick einer immer spezifischeren Diagnostik und Behandlung eine gut vernetzte medizinische Versorgung sicherzustellen. Und was wird die Zukunft sein? Ein auf die Region zugeschnittener Mix, sind sich die Teilnehmer des Kongresses sicher.